allrights.org: Judith, du bist die Gründerin von www.jass-mit.ch und hast den Verein JASS gegründet. Welche Erfolge konntest du schon mit JASS feiern?
Judith Bühler: Die Aktivitäten von JASS info und JASS genuss waren Ideen, welche während meinem Studium entstanden sind. Um die Aktivitäten umzusetzen war eine Trägerschaft nötig und so wurde JASS gegründet. Ich glaube der grösste Erfolg, den wir mit JASS verzeichnen, ist das Vertrauen, das wir von Menschen, Geldgeber*innen, Verwaltung, Behörden und anderen Organisationen geniessen dürfen.
Wir haben mit JASS letztes Jahr über 83 Veranstaltungen durchgeführt und dabei sehr, sehr viel gelernt.
Viel Freude haben wir auch an unserer Publikation zu Projektmanagement: Chaosmanagement. Es handelt sich dabei um einen Leitfaden im sozialen Projektmanagement für Interessierte.
Mit welchen Herausforderungen bist du momentan mit JASS konfrontiert?
JASS ist entstanden, weil wir die Aktivitäten durchführen wollten. Dabei habe ich nicht daran gedacht, dass eine Organisation auch viele organisatorische, koordinative und verwaltende Aufgaben mit sich bringt. Ich war wenig, bist gar nicht am Unternehmertum interessiert. Das Fundraising, die Organisationsentwicklung, die Rekrutierung von Mitarbeitenden und die Verantwortung über die gesamte Infrastruktur von JASS würde ich als Herausforderung bezeichnen. Herausforderungen, mit welchen ich mich auseinandersetzen muss, damit ich mich der interessanten Arbeit in der Gesellschaft mit den Menschen überhaupt widmen kann. Manchmal nervt das auch ganz schön...
Was steht gerade bei JASS und den JASS-Projekten an?
Wir sind mitten in einem Pilotprojekt gemeinsam mit der Jugendinfo Winterthur zur Radikalisierungsprävention im Internet. Das Projekt heisst Winfluence und produziert alternative Narrative zu extremem Gedankengut und verbreitet diese über Social Media. Guck doch mal rein: https://www.jass-mit.ch/winfluence/. Dann sind wir mit GRENZENLOS GENIESSEN und im Kanton Zürich und im Kanton Aargau unterwegs. Dabei bringen wir Menschen über das gemeinsame Kochen miteinander in Kontakt.
Ausserdem veranstalten wir im Kanton Zürich öffentliche Events bei welchen aktuelle Themen wie Flucht, Migration, Vielfalt und Religion thematisiert werden. Bei JASS lernen wir auch viel und so sind wir dabei zwei Leitfäden zu Projektmanagement und zu Projektkommunikation zu schreiben. Auf unserer Website können die Leitfäden dann kostenlos heruntergeladen und verwendet werden. Im Herbst werden wir uns intensiv mit dem Thema Zusammenleben beschäftigen können. Wir werden dabei Wünsche, Bedürfnisse, Herausforderungen und Hindernisse beleuchten und dies dann als Bericht veröffentlichen.
Mit welchen Organisationen und Institutionen arbeitet ihr bei JASS zusammen? Was sind deine Erfahrungswerte?
Wir arbeiten mit verschiedensten Organisation und Institutionen in der deutschsprachigen Schweiz zusammen. Vernetzung ist das A und O unserer Arbeit. Wir schätzen die vielfältigen Kontakte und den Austausch sehr. Wir kamen aber 2018 an unsere Kapazitätsgrenzen was Vernetzung und Repräsentation anbelangt. Es ist uns schlicht weg nicht mehr möglich an allen Vernetzungstreffen und Corporate Events teilzunehmen aufgrund unserer begrenzten personellen Ressourcen.
Wie empfindest du das Engagement in der Schweiz für das Thema Toleranz und Diversität?
Ich schätze das Engagement von Allrights sehr! Ich begrüsse es, dass sensible und unbequeme Themen dabei mit viel Engagement angesprochen werden.
Wie hast du die Zusammenarbeit mit allrights.org im Rahmen der Solothurner Aktionswoche gegen Rassismus empfunden?
Mit euch zu arbeiten ist einfach eine Freude! Die Arbeit ist einfach und fliessend von der Hand gegangen und ich habe mich sehr über das Wohlwollen, die Freundlichkeit und das Engagement gefreut!
Warum ist die Sensibilisierung von Hate Speech wichtig und was genau ist Hate Speech?
Das Internet ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und Hate Speeches wiederspiegeln wie hasserfüllt unsere Gesellschaften sind. Hate Speech wird dabei durch Menschen gemacht, welche unser friedliches Zusammenleben stören wollen. Dabei werden die Opfer von Hate Speech seelisch, psychisch und emotional verletzt und ganze Gruppen von Menschen nach und nach entmenschlicht. Sprache ist dabei Handeln, weil Sprache Handeln vorbereitet. So werden innerhalb unserer Gesellschaften ganze Gruppen von Menschen abgewertet, um die Beschneidung ihrer Freiheitsrechte zu legitimieren. Zeitgleich sinkt die Hemmschwelle für strafbare Handlungen gegenüber diesen Menschen. Dem zweiten Weltkrieg und dem Genozid in Ruanda beispielsweise ging Hate Speech voraus.
Wie sollte man auf Hate Speech reagieren? Welche Tipps hast du?
In Bezug auf Hate Speech sind alle Systemebenen in der Übernahme von Verantwortung gefordert – denn es gibt immer eine Alternative zu Hass und es gibt eine Alternative zum Zusehen und Zuhören wenn Hass spricht. In unserer Situationsanalyse mit Handlungsempfehlung werden Zusammenhänge erläutert und ab S. 44 konkrete Tipps gegeben.
Was empfiehlst du anderen Leuten, die sich mit ihren Projekten für Diversität und Toleranz einsetzen möchten?
Ich freue mich über jeden Menschen, der sich für Respekt, für ein Miteinander und für das friedliche Zusammenleben einsetzt. Dabei würde ich einzig raten die eigene Arbeit selbst auch zu feiern. Miteinander zu feiern macht Spass, schöne Begegnungen und Erfahrungen machen Spass. Es ist eine ernste Arbeit und dabei ist es wichtig auch Spass zu haben. Sonst ist der Zynismus wohl nicht weit.
Was wünscht du dir für die Zukunft von JASS?
Grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass JASS sich selbst abschafft. Also, dass in unserer Gesellschaft kein Bedarf mehr für JASS herrscht, da wir inklusive friedlich und respektvoll zusammenleben. Für JASS wünsche ich mir viele weitere, tolle, berührende Erfahrungen mit möglichst vielen Menschen.